Europawahl 2024 – Wahl für ein geeintes, demokratisches Europa

GA, 29.4.24
Vom 6. bis 9. Juni wählt Europa. Unter den gegebenen Umständen, wird diese Wahl vermutlich eine der wichtigsten Wahlen seit bestehen der Europäischen Union. Die Gegner der EU, Rechtskonservative bis Faschisten, erzielen Erfolge der Mobilisierung und Wahlerfolge in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft. In Deutschland erleben wir den Höhenflug einer Partei, die in Teilen faschistische und NS-Ideologie pflegt und Deutschland aus der EU führen möchte. Wir haben Kandidatinnen und Kandidaten aus Deutschland befragt, die wir dem gesellschaftlichen Spektrum Bürgerlich-Mitte-Links zuordnen.

Meinungen und Standpunkte – Fragen und Antworten
(Meinungen und Standpunkte weiterer Parteien siehe hier)

SPDBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENDIE LINKEBÜNDNIS SARAH WAGENKNECHT (BSW)
Katarina Barley
Terry ReintkeMartin SchirdewanFabio de Masi
Jens GeierSergej LagodinskyCarola RacketteThomas Geisel
Maria NoichlAnna CavazziniÖzlem DemirelMichael von der Schulenburg
A; A+;MAMA, MAx ; kA; MAMAx; MAx; A+A; kA; NN
Legende: A=Allgemeines Statement; A+= ausführliche, persönliche Antwort;
MA=Antwort durch Mitarbeiter*in;
MAx = ausführliche, detaillierte Antwort durch Mitarbeiter*in,
kA= Keine Antwort; NN=keine Adresse aufgefunden

Unser Anschreiben (Ausschnitt des Textes)
Für die Wahlentscheidung meiner politischen Freundinnen und Freunde sowie für mich möchte ich gerne wissen, wie Sie die weiter unten gestellten Fragen zu den Themen Asylpolitik, Umweltpolitik und Ukrainekonflikt beantworten.

Unsere Fragen:

  1. Wie stehen Sie zu den geplanten Änderungen/Verschärfungen des europäischen Asylrechts ? Sollen Asylverfahren außerhalb der EU durchgeführt werden? Kann überhaupt ein rechtsstaatliches Verfahren in EU-Außenlagern oder in Drittstaaten gewährleistet werden? Soll eine Obergrenze der jährlichen Zuwanderung eingeführt werden?
  2. Welchen Stellenwert geben Sie der europäischen Umweltpolitik ? Werden Sie versuchen, die weitere Einschränkung von mit dem Green Deal geplanten Maßnahmen  zu verhindern? Sollten nicht doch trotz der Bauernproteste 2 % der Ackerflächen für den Naturschutz reserviert werden?
  3. Welche Entwicklungen führten zum Ukrainekrieg. Welche Maßnahmen könnten den Krieg beenden? Welche Rolle kann die Diplomatie spielen? Ist ein sofortiger Waffenstillstand anzustreben, um dann Verhandlungen zur Beendigung des Konflikts zu beginnen?

Antworten in chronologischer Reihenfolge:

Fabio de Masi, BSW
auf alle Ihre Fragen bekommen Sie in diesem Beitrag von mir für die Berliner Zeitung (einige Leerseiten, die ich bitte zu überspringen) eine Antwort. ich hänge Ihn an. ich bitte um Verständnis, dass ich nicht jede Zuschrift individuell beantworten kann.
Vertiefend zur Migrationspolitik auch https://jacobin.de/artikel/fabio-de-masi-bsw-europa

Katarina Barley, SPD

vielen Dank für Ihre E-Mail, die uns am 10. April 2024 erreicht hat. Sicherlich haben Sie Verständnis dafür, dass Katarina Barley nicht alle an sie gerichteten Zuschriften persönlich beantworten kann. Sie hat mich gebeten, Ihnen zu antworten. Ich bitte zunächst, die verspätete Antwort zu entschuldigen. Aufgrund einer Vielzahl von Zuschriften und Rückmeldungen können wir diese nur nach und nach beantworten.
Unser Anspruch ist, Veränderungen in gesellschaftlichen Fortschritt zu verwandeln. Die Herausforderungen sind groß. Was wir tun, tun wir im Respekt vor den Menschen.
Gerne versuche ich, Ihre Fragen zu beantworten:
Millionen fliehen vor Krieg und Gewalt. Die SPD steht für eine humanitäre und solidarische Flüchtlingspolitik. Europa ist stark, gemeinsam eine Antwort auf das Leid der Menschen zu geben. Wir drängen seit Jahren auf eine Reform des Asylsystems, denn die Realität für geflüchtete Menschen in der EU ist alles andere als gut.
Das Asylrecht ist für uns unverzichtbar und unantastbar – allen Forderungen und Androhungen der politischen Rechten und auch von demokratisch-konservativen Kräften zum Trotz. Wenn Menschen Asyl beantragen, müssen sie überall ein faires, rechtsstaatliches Verfahren erhalten. Wir wollen ein System, das nicht länger nur auf dem Papier existiert, sondern den Schutzsuchenden praktisch Hilfe leistet. Ein System, das von allen Mitgliedstaaten solidarisch getragen wird und das die humanitäre Lage an den Grenzen verbessert.

Künftig wird Verantwortung auf mehr Schultern verteilt. Staaten, die besonders belastet sind, werden solidarisch entlastet. Nancy Faeser hat hier einen entscheidenden Beitrag geleistet. Alle Ankommenden werden künftig an den Außengrenzen registriert. Über den Status derer, die sehr geringe Aussicht auf Schutz in der EU haben, wird künftig bereits hier entschieden. Das Grenzverfahren ist auf 12 Wochen limitiert, anschließend kann man weiterreisen. Die Verfahren gelten nicht für Menschen, die vor Folter, Krieg und Terror fliehen. Hohe rechtsstaatliche Standards und konsequenter Schutz von Menschenrechten sind für uns nicht verhandelbar. In Elendslagern wie Moria war dies längst nicht mehr gegeben. Deswegen sind neue Verabredungen nötig, um durch rechtsstaatliche Verfahren und gemeinsame Standards solche Zustände zu beenden. Wir hätten Familien gerne von den Grenzverfahren ausgenommen. Das ist nicht gelungen. Aber ein Scheitern der Verhandlungen hätte verheerende Folgen. Geschlossene Grenzen innerhalb Europas und mehr Abschottung hätten gedroht.

Klar ist: Wir bekämpfen Ursachen und keine Flüchtlinge. Das Sterben im Mittelmeer muss aufhören. Seenotrettung ist eine rechtliche Verpflichtung und darf nicht kriminalisiert werden. Pushbacks sind eine eklatante Verletzung des Völkerrechts.

Wir wollen ein Einwanderungs- und Integrationsland sein. Das Chancenaufenthaltsrecht, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht gehören dazu. Wir wollen mehr reguläre Einwanderung ermöglichen, damit Menschen sich nicht auf lebensgefährliche Fluchtwege begeben müssen.

Für eine solidarische Flüchtlingspolitik – Der SPD-Parteivorstand hat seine Positionen in einer Resolution zusammengefasst.

Die Errungenschaften eines offenen Europas stehen unter Druck. Es braucht eine starke Sozialdemokratie in Europa, um nationale Scharfmacher in ihre Schranken zu weisen. Die SPD wird mit ganzer Kraft für eine Politik des europäischen Zusammenhalts werben – nicht zuletzt bei der Europawahl 2024.

Nach langem Ringen hat das Europäische Parlament im Juli 2023 der Verordnung über die Wiederherstellung der Natur zugestimmt. Die überfraktionelle Einigung in Brüssel ist ein wichtiger Schritt, um den Green Deal umzusetzen und ambitionierte Ziele in der europäischen Klima- und Umweltpolitik zu erreichen. Die EU-Mitgliedstaaten sollen nun 20 Prozent der zerstörten Ökosysteme bis 2030 in einen guten Zustand bringen.

Renaturierung und die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme sind wichtige Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt in Europa und für unseren Kampf gegen den Klimawandel. Außerdem werden dadurch langfristig die Grundlagen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft geschützt. Die Europa-SPD hat daher von Anfang an die EU-Verordnung zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme unterstützt.

Die SPD legt ihren Fokus auf die Unterstützung von eigentümergeführten, kleinen und mittleren Betrieben und den Klima-, Umwelt- und Tierschutz. Wir wollen ein Rahmenwerk, das eine gerechtere und am Gemeinwohl ausgerichtete Agrarpolitik möglich macht und wollen, dass Gemeinwohlleistungen für Landwirt*innen zur Einkommenssicherung dienen. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass Landwirt*innen für ihre Produktion einen fairen Preis erhalten. Dafür muss eine Reihe an Reformen greifen. Und wir müssen die Landwirtschaft dabei unterstützen, sich diverser aufzustellen, um betrieblich resilient zu werden. Der ökologische Landbau bedarf, als eine besonders nachhaltige Landwirtschaftsform, besonderer Unterstützung. Wir erwarten, dass die Strategischen Pläne der Mitgliedstaaten konkrete Antworten auf den zu erbringenden Anteil der Landwirtschaft zur Erreichung des Pariser Klimaabkommens und der Ziele des Green Deals geben.

Der Ökolandbau, als ein besonders nachhaltiger Wirtschaftszweig in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), bedarf weiterhin in besonderem Maße an Unterstützung. Leider wurde in der Vergangenheit verpasst, den Ökolandbau auf seinem Weg zu dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Ziel entsprechend zu begleiten. Wir setzen uns weiterhin für einen starken Öko-Sektor ein. Dabei muss aber angesichts der Versäumnisse der Vergangenheit realistisch geprüft werden, wie rasch wir das 25 %-Ziel erreichen können. Mit der neuen Reform der GAP und einem Vorschlag zu nachhaltigen Ernährungssystemen in der EU, gekoppelt mit einer Verstetigung der Nachfrage, z. B. durch eine BioQuote für Kitas, Krankenhäuser und Mensen auf nationaler Ebene, muss der „Turbo“ für den BioSektor gezündet werden, der zu mehr Wachstum führen soll.


Wie in keiner anderen Partei gehören in der Sozialdemokratie internationale Solidarität, die universelle Geltung der Menschenrechte, Frieden und Dialog von Beginn an zum Grundverständnis unseres politischen Handelns. Als die Friedenspartei in Deutschland setzen wir auf Diplomatie und Dialog, auf zivile Krisenprävention und Friedensförderung, auf Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie internationale Zusammenarbeit.

Putins Angriff auf die Ukraine stellt unsere jahrzehntelange Friedensordnung in Europa infrage. Wir stehen fest an der Seite der UkrainerInnen und ihrer frei gewählten Regierung und werden sie unterstützen, solange dies nötig ist.


Wir haben ernste Diskussionen geführt über eine Situation, von der wir hofften, dass wir sie nie wieder erleben müssen: dass mitten in Europa mit militärischer Gewalt Grenzen verschoben werden, ein souveräner Staat in seiner Integrität angegriffen wird und jeden Tag Menschen sterben. Setzen wir Putins Aggression nichts entgegnen, dann könnte er weitermachen und das hieße, dass Gewalt das Recht praktisch folgenlos brechen darf. Dann wären letztlich auch unsere eigene Freiheit und Sicherheit in Gefahr.

Unmittelbar nach Kriegsbeginn haben wir mit dem bisherigen Prinzip der deutschen Außenpolitik gebrochen: Keine Waffen in Krisengebiete zu liefern. Eine Zeitenwende!

Wir machen die Ukraine stark, damit sie sich verteidigen kann.

Von Anfang an waren uns drei Dinge wichtig: Dass die Ukraine energisch unterstützt wird, die Nato nicht zur Kriegspartei wird und Deutschland alle Schritte eng mit seinen internationalen Partnern abstimmt. Olaf Scholz und die SPD halten diese Versprechen verlässlich ein.

Darüber, welches die richtigen und welches die falschen Entscheidungen sind, gibt es keine Gewissheiten. Es ist richtig von Olaf Scholz, in enger Abstimmung mit anderen Staats- und Regierungschefs, Schritt für Schritt vorzugehen. Es ist das einzige Prinzip, das in einer so gefährlichen Angelegenheit Sicherheit für Europa und Deutschland gewährleistet.

Militärische Stärke und Diplomatie sind dabei für uns zwei Seiten einer Medaille. Mit unserem robusten Beistand leisten wir jeden Tag unseren Beitrag, die Ukraine militärisch zu ertüchtigen. Auch damit sie stark ist für Verhandlungen, denn am Ende wird dieser Konflikt voraussichtlich am Verhandlungstisch entschieden. Umfassende Sanktionen und der dauerhafte politische Druck auf Russland kommen hinzu.

Für uns steht fest: Russland muss seine Angriffe unverzüglich einstellen, alle Truppen zurückziehen und zu glaubwürdigen Friedensgesprächen bereit sein.

Russlands Angriff auf die Ukraine hat uns mit Deutlichkeit vor Augen geführt, dass zu den Grundlagen einer kraftvollen Friedenspolitik auch militärische Fähigkeiten sowie strategische Allianzen gehören. Nur aus eigener Stärke heraus können wir für Frieden und Menschenrechte eintreten. Das heißt aber nicht, alles Bisherige über Bord zu werfen: Wir sind davon überzeugt, dass der erfolgreichsten Mittel der Konfliktlösung und Konfliktprävention das Zusammenspiel durch den vernetzten Ansatz von Diplomatie, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik ist, unterstützt durch internationale Abkommen und Abrüstungsinitiativen sowie das Völkerrecht, Entwicklungszusammenarbeit und Multilateralismus sind. Das ist unser sozialdemokratisches Selbstverständnis, basierend auf unseren Erfahrungen und internationalistischen Überzeugungen.

Unser Parteivorsitzender, Lars Klingbeil, zu unserer Position: Lars Klingbeil Ukraine + Nord-Süd

Uns geht es um ein besseres Leben – nicht für wenige, sondern für alle. Darum kümmern wir uns seit 160 Jahren. Und dafür arbeiten wir heute. Mit Mut und Ideen für morgen. Denn wir wissen: Fortschritt braucht Gerechtigkeit!

Mit freundlichen Grüßen aus dem Willy-Brandt-Haus,  
….

Maria Noichl (SPD)

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen. 
Die Politik und Arbeit von Frau Noichl ist nicht auf drei Fragen reduzierbar, sondern auf ihre Arbeit aus mittlerweile 2 Legislaturperioden.
Gerne können Sie diese auf Frau Noichls Homepage https://maria-noichl.eu/ begleiten und nachlesen. Zudem finden Sie dort auch die Antworten auf Ihre Fragen – und eben noch viel mehr.
Mit freundlichen Grüßen
….

Özlem Demirel (DIE LINKE)

AW zu 1: Meine Partei Die Linke und ich lehnen die Verschärfung, die mit den GEAS-Plänen verbunden sind entschieden ab. Mit der Fiktion der „NICHT-Einreise“ wird faktisch das individuellen Grundrecht auf Asyl abgeschafft. Asylsuchende können an den Außengrenzen der EU inhaftiert, und von dort aus, direkt abgeschoben werden, auch in sogenannte ‚sichere Drittstaaten‘. Statt Menschen aufzunehmen, können die Mitgliedstaaten der EU dann Abschottungs-Projekte in Drittstaaten finanzieren oder Mittel zur Grenzüberwachung, wie Stacheldraht, innerhalb der EU bereitstellen. Auch die militärische Abschirmung durch FRONTEX wird zunehmen. All das lehnen wir ab, genauso wie Obergrenzen für Zuwanderung. Selbstverständlich habe ich gegen diese „Reform“ gestimmt. Wir verteidigen elementare Menschenrechte und wollen ernsthaft Fluchtursachen bekämpfen. Dazu gehört der Einsatz gegen Kriege und Waffenexporte ebenso wie der Aufbau einer gerechten Wirtschaftsordnung und Handelsbeziehungen. Weitere Informationen dazu können Sie auch der Informationsseite „Flucht und Migration“ meiner Partei Die Linke, einsehen https://www.die-linke.de/themen/flucht-und-migration/

AW zu 2: Wenn wir es nicht schaffen den Klimawandel zu stoppen, müssen wir natürlich alles dafür tun ihn soweit wie möglich einzudämmen bzw. alles, um eine Treibhausgas- Reduktion zu erreichen. Umweltpolitik in der EU aber auch in Deutschland und weltweit ist die Politik, die unsere Lebensgrundlage schützt und ist natürlich mit oberste Priorität. Doch für uns. Die Linke, spielt das Wort „sozial“ im sozial-ökologischen Umbau eine zentrale Rolle.  Das heißt ganz konkret bei Rohstoffen, dass die Verarbeitung zu fairen und gerechten Löhnen dort beginnen muss, wo die Rohstoffe aus der Erde geholt werden. Europas sozial-ökologischer Umbau darf nicht zu Raubbau der Rohstoffe in anderen Weltregionen führen. Wir sehen ein Kernproblem bei der Umsetzung einer sozial-ökologischen Transformation in der wachsenden Ungleichheit und der Macht großer Konzerne. Wir treten dafür ein, dass Beschäftigte geschützt werden und Kolleg: innen aus betroffenen Branchen Arbeitsplatzgarantien und Zukunftsperspektiven erhalten, um ihr Einkommen zu sichern und notwendige Übergänge in klimaschonende Wirtschaftszweige nicht auf ihrem Rücken zu gestalten. Finanzierbar ist dies, wenn Konzerne höher besteuert werden und mit einer Vermögenssteuer. Zudem muss das Verursacherprinzip gelten. Ursache der dramatischen Situation der Landwirte und Kleinbauer*innen ist eine EU Politik, die Lebensmittelkonzerne und Großinvestoren bevorzugt, auf intensive Landwirtschaft, subventionierte Agrarexporte und Gewinne fokussiert zum Schaden unsere Natur und der Existenz von vielen Bäuer*innen hier und in den Ländern des globalen Südens. An der bisherigen EU – Agrarpolitik rumdoktern wird nichts an der grundsätzlich falsch Politik ändern. Wir wollen eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft mit dem Schwerpunkt auf regionaler Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung statt globalisierter Agrarmärkte. Wir wollen, dass die Versorgung der Menschen mit Agrarprodukten und Lebensmitteln am Gemeinwohl orientiert ist und nicht vor allem an den Profiten der Lebensmittelkonzerne. Ökologische und soziale Standards sind dafür essentiell. Wir wollen lokale Produktion fördern und machen uns für arbeits- und Umweltstandards stark. Statt Flächenprämien wollen wir Anbausysteme fördern, die Klima, Böden, Tiere und Pflanzen besonders schützen. Die Linke setzt sich für eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik ein: Zahlungen müssen an Umwelt- und Sozialkriterien und an den Tierschutz gebunden werden. Wir setzen uns für gute Arbeitsbedingungen und Einkommen durch flächendeckende Tarifverträge in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ein. Auch in der Landwirtschaft muss man von der Arbeit gut leben können – als Familienarbeitskraft, in der Saisonarbeit und in (kurzer) Vollzeit.

AW zu 3: Der Krieg hat eine Vorgeschichte mindestens seit 2014. Dazu gehört auch das EU- Assoziierungsabkommen als auch die NATO- Osterweiterung. Ein brutaler Machtkampf auf dem Rücken der Menschen in der Ukraine. Dennoch können diese Entwicklungen und Maßnahmen den Angriff Russlands auf die Ukraine weder rechtfertigen noch relativieren. Er bleibt völkerrechtswidrig und ist zu verurteilen! Dieser Krieg hätte verhindert werden können und müssen. Die Bereitschaft dazu gab es weder bei Russland noch von den USA. Der Krieg ist mittlerweile ganz klar eine Stellungskrieg. Täglich sterben Menschen auf dem Schlachtfeld und insbesondere die Ukainer*innen bezahlen diesen mit ihrem Leben. Während die Zerstörung täglich voranschreitet benutzen die EU und die USA diesen Krieg, um ihren Rüstungskonzernen Rekordsummen zuzuschanzen. Die EU soll zudem ganz offen zu einer Militärunion umgekrempelt werden. Finanziert wird Krieg, nicht Frieden, während der Sozialabbau, Armut und Ungleichheit immer weiter wachsen. 95 Millionen Menschen in der EU arm, jedes vierte Kind von Armut bedroht und mehr als 700 000 Menschen obdachlos. Seit dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine gab es keine einzige diplomatische Initiative aus der EU, um diesen Krieg zu beenden. Stattdessen wurden Schritt für Schritt nicht nur bei Waffenlieferungen Tabus gebrochen und erklärte rote Linien überschritten, sogar international geächtete Streumunition wurde geliefert. Dabei verlängert jede weitere Waffenlieferung den Krieg in der Ukraine und birgt die Gefahr der Ausweitung des Krieges. Um das Sterben zu beenden, muss sich die EU unverzüglich für einen sofortigen Waffenstillstand einsetzen. Wir brauchen Friedensverhandlungen, jetzt!  Die Linke steht seit ihrer Gründung für gewaltfreie Lösungen und das Mittel der Diplomatie. Wir fordern einen Stopp aller Waffenexporte insbesondere in Kriegs- und Krisengebiete, wie es auch die rechtsverbindlichen Europäischen Rüstungsexportrichtlinien verlangen.

Für DIE LINKE antwortet ferner Jonathan Burkert (BGf, Strategie und Grundsatzfragen) in einem persönlich gehaltenen Antwortschreiben:
AW zu 1: Wir lehnen die GEAS-Reform und die damit einhergehende, faktische Abschaffung des europäischen Asylrechts ab. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sieht im Kern vor, Haftlager an den Außengrenzen Europas zu errichten. Während der zentralisierten Verfahren sollen die Schutzsuchenden interniert bleiben und das gilt auch für Familien mit Kindern. Wir bezweifeln wie Sie, dass dabei rechtsstaatliche Verfahren gewährleitet werden können und befürchten, dass das individuelle Recht auf Asyl damit faktisch abgeschafft wird.Wir lehnen Obergrenzen für jährliche Zuwanderung entschieden ab. Wir finden uns nicht damit ab, dass Menschen, die Schutz benötigen, an den EU-Außengrenzen illegal zurück gepusht oder hilflos im Mittelmeer zum Ertrinken, zurückgelassen werden. Wir wollen eine humane Asyl- und Migrationspolitik in Europa, die den Geflüchteten, Schutz und eine Perspektive bietet.Wir begreifen die Diskussionen um die sogenannte Flüchtlingskrise als rassistische Debatte, die von rechts bis rechtsextrem genutzt wird um Stimmung zu machen und von den wirklichen Problemen abzulenken. Mit Sorge betrac“hten wir, wie immer größere Teile der gesellschaftlichen Mitte und Teile der Linken dort mitmachen. Als Linke stellen wir uns der rassistischen Hetze (mittlerweile) geschlossen entgegen und kämpfen für ein solidarisches Willkommen von Geflüchteten in Europa.

AW zu 2: Umweltpolitik ist für uns von hoher Wichtigkeit. Deutschland gehört zu den Regionen mit höchstem Wasserverlust in der EU. Das Artensterben schreitet ungebremst voran. Wälder, Moore und Meere stehen vor dem Kollaps. In unserem Wirtschaftssystem werden natürlichen Lebensgrundlagen systematisch unter Profitinteressen untergeordnet. Deshalb fordern wir in unserem Wahlprogramm:„Mehr Wildnis wagen: Wir wollen unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten und zerstörte Ökosysteme wiederherstellen: saubere, schadstofffreie Gewässer, Böden und Luft und eine wachsende biologische Vielfalt. Nur eine intakte Natur sichert auch das Leben für uns Menschen.“ Die EU hat die selbst gesteckten Naturschutzziele deutlich verfehlt. Die Konservativen und extrem rechten Parteien im EU-Parlament versuchen, im Interesse der Agrarlobby ein wirksames Renaturierungsgesetz zu verhindern, das zerstörte Ökosysteme und Artenvielfalt wiederherstellen soll. Wir sind folglich trotz der Bauernproteste dafür, dass 2% der Ackerfläche für den Naturschutz reserviert werden.
Wir haben ein zwiespältiges Verhältnis zum „Green Deal“ der EU. So begrüßen wir viele der Initiativen zur ökologischen Modernisierung der europäischen Wirtschaft und dass die EU Klimaschutz jetzt ernst nimmt. Aber nicht alles geht in die richtige Richtung und vieles im Green Deal verstärkt soziale Ungerechtigkeiten. Wir werden uns deshalb nicht gegen den Green Deal stellen, sondern dafür kämpfen, dass der Green Deal zu einer sozial gerechten EU beiträgt. Hier ist die Bewertung aus dem Wahlprogramm: „Der „Green Deal“ der EU soll ein zentraler Innovations- und Wachstumsmotor für Industrie- und Wirtschaft sein und Europa eine führende Rolle im Wettbewerb um die grünen Zukunftstechnologien sichern. Act). Der „Green Deal“ der EU reicht allerdings nicht einmal dafür aus, die selbst gesteckten Klimaziele zu erreichen. Die Investitionsprogramme der EU sind vor allem darauf ausgerichtet, die Wettbewerbsfähigkeit der Konzerne zu verbessern und ihre Gewinne zu maximieren. Ziel der EU ist ein grün angestrichener Kapitalismus. An der Verteilung von Profiten und Löhnen, von Privatem und Öffentlichem und von gesellschaftlichem Reichtum soll sich nichts ändern. Die Industriehilfen der EU sind nicht an arbeitsrechtliche und soziale Kriterien geknüpft – das ist sogar in den USA anders. Die Linke setzt sich stattdessen für den sozialen und ökologischen Umbau der Industrie in der EU ein. Einen „grünen Kapitalismus“ wird es nicht geben. Wir brauchen eine Industrie, die den Planeten für unsere Kinder erhält, die Demokratie und Mitbestimmung im Umbau stärkt und nicht abbaut, und die den Alltag für alle besser macht. Das erreichen wir mit einer aktiven Industriepolitik, die gute Arbeit schafft, das Klima schützt und auf sinnvolle und zukunftsfähige Produktion setzt. Wir wollen eine Industriepolitik, die aufbaut, umbaut und rückbaut.“

AW zu 3: Wir verurteilen den verbrecherischen Angriffskrieg der Russischen Föderation. Wir verurteilen die Kriegsverbrechen und setzen uns für eine Bestrafung der Verantwortlichen ein. Dabei vergessen wir nicht, dass der Angriffskrieg Putins auch eine Vorgeschichte hat, in der der Westen mit der NATO-Osterweiterung die Krise zugespitzt hat. Wir begreifen den russischen Angriffskrieg als Teil eines Epochenbruch, den wir momentan erleben müssen. Wir glauben eine verschärfte Weltmarktkonkurrenz zu beobachten, die Konflikte um Märkte und Ressourcen überall anfeuert. Das langsame Ende der Vormachtstellung der USA und der Aufstieg Chinas führen überall zu imperialen Spannungen und neuen Stellvertreterkonflikten. Hinzu kommt das Großmachtstreben Russlands. Die NATO-Mitglieder und andere Staaten wie China, Indien und Russland rüsten massiv auf. Der iranische Gegenschlag gegen Israel am letzten Wochenende hat gezeigt, dass militärische Eskalation auf der ganzen Welt eine Bedrohung darstellt. Wir finden das äußerst besorgniserregend und setzen uns überall für Deeskalation und Diplomatie ein. Wir müssen im Ukrainekrieg endlich alle Mittel der Diplomatie ausschöpfen. Ein Waffenstillstand oder auch nur entmilitarisierte Zonen wäre ein möglicher Einstieg in Verhandlungen. Die Bundesregierung und EU müssen endlich alle Anstrengungen unternehmen und – auch gegen den Willen der USA – Initiativen zahlreicher Länder wie China, Indien und Brasilien aufgreifen und diplomatischen Druck auf Russland ausüben. Waffenstillstandsverhandlungen auf Einladung der UN und die Berücksichtigung bestehender Verhandlungsinitiativen sind nötig, selbst wenn diese noch nicht hinreichend sind.

Terry Reintke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Mitarbeiter antwortet:

auch im Namen von Terry herzlichen Dank für deine E-Mail und Interesse an europäischen Fragen. Du hast sicherlich Verständnis dafür, dass es uns nicht möglich ist jede Anfrage im Detail zu beantworten. Gerne möchte ich dir aber Hinweise geben, wo du Antworten finden kannst. Hier findest du unser Europawahlprogramm als Download: https://cms.gruene.de/uploads/assets/20240306_Reader_EU-Wahlprogramm2024_A4.pdf

Für deine Fragen zum europäischen Asylrecht finden sich Antworten im Kapitel „5. Flucht- und Migrationspolitik der Humanität und Ordnung“, Umwelt- und Landwirtschaftspolitik im Kapitel „Was Wohlstand schützt“ (Einleitung) sowie “ 10. Eine starke Landwirtschaft“ und zum Ukrainekonflikt „5. Mehr EU in Europa – Ukraine“. Darüber hinaus gibt es auch das Manifesto der Europäischen Grünen Partei hier als Download: https://europeangreens.eu/priorities/


Anna Cavazzini (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

AW zu 1: Die aktuelle Reform des europäischen Asylrechts (GEAS Reform) ist in meinen Augen eine verpasste Chance, ein funktionierendes und menschenwürdiges Asylsystem zu schaffen. Wir als Grüne/EFAs im Europäischen Parlament haben deshalb  gegen die Verschärfung gestimmt. Asylrechtsverschärfungen wie die GEAS-Reform sollen vor allem abschrecken und so die Asylzahlen senken, haben aber in der Vergangenheit im Gegenteil zu Chaos, Leid und mehr Sekundärmigration in Länder wie Deutschland geführt. Wir Grüne im Europäischen Parlament setzen uns auch weiterhin für eine echte Reform der Migrationspolitik und für Menschenrechte ein. Dazu gehört auch eine bessere Verteilung von Schutzsuchenden auf die 27 EU-Staaten und schnellere Integration. Hierzu kann beispielsweise die Umsetzung der neuen Aufnahmerichtlinie einen Beitrag leisten, der wir zustimmen. Insgesamt braucht es mehr Ressourcen für die Aufnahme und Integration in den Kommunen.

AW zu 2: Die Europäische Umweltpolitik ist ein Schlüssel für eine lebenswerte Zukunft. Sie hat daher einen extrem hohen Stellenwert und darf nicht gegen Profitinteressen ausgespielt werden. In dieser Legislatur konnten wir Grüne in der Umweltpolitik mit dem Green Deal wichtige Fortschritte erzielen und zum Beispiel mit der EU-Biodiversitätsstrategie, die Ausweitung  der Schutzgebiete auf 30 % des Land- und Meeresgebiets der EU vorschlagen. Auch  mit der Richtlinie für Entwaldungsfreie Lieferketten, die Abholzung von Wäldern auf der ganzen Welt für den europäischen Konsum begrenzt, haben wir einen wichtigen Schritt für mehr Umweltschutz gemacht. Dabei sind wir der Überzeugung, dass nur auf einem gesunden Planeten nachhaltig die Ernährungssicherheit gewährleistet werden kann. Eine Aufweichung von Umweltmaßnahmen schadet so auch Bäuer*innen. Auch weiterhin setzen wir Grüne uns deshalb für die Umsetzung des Green Deal ein und trotzen so den Angriffen der Konservativen auf Umwelt- und Klimaschutz.

AW zu 3: Erst die Besetzung der Krim und dann der schreckliche Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben den Krieg zurück in unsere direkte Nachbarschaft gebracht. Die Ukrainerinnen und Ukrainer verteidigen nicht nur ihre Souveränität, sondern auch unsere europäischen Werte. Sie dabei zu unterstützen ist für mich ein Gebot der Verantwortung – nicht nur durch Finanzhilfen oder Waffenlieferungen, sondern auch auf ihrem Weg in die EU, die eine Garantin ist für Frieden auf unserem Kontinent, der geprägt war von Konflikten. Auch wenn ich mir nichts mehr wünsche als baldigen Frieden: Die Ukraine nun darauf zu drängen, mit Gebietsaufgabe einen Waffenstillstand zuzustimmen, ist ein Gewinn für Putins illegale, völkerrechtswidrige und äußerst brutale Expansionsstrategie, die dann gewiss nicht an der Ukraine haltmacht. Grundsätzlich stehen zivile Krisenprävention und Abrüstung weiterhin im Fokus unserer Grünen Außenpolitik

Weitere Beiträge zum Thema: Europawahl 2024 – Utere diversitate! – Grüne Alternative (gruenealternative.de), und Europawahl 2024 – ist die Pro-Atom Offensive noch zu stoppen? – Grüne Alternative (gruenealternative.de)




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Ein Gedanke zu „Europawahl 2024 – Wahl für ein geeintes, demokratisches Europa“

  1. Anna Cavazzini: Zuerst Waffenlieferungen an die Ukraine als unverzichtbare Unterstützung und Verhandlungen als Schwäche gegenüber Putin propagieren und dann diesen Satz rauslassen: „Grundsätzlich stehen zivile Krisenprävention und Abrüstung weiterhin im Fokus unserer Grünen Außenpolitik.“
    Genau mein Humor.

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