Europawahl 2024 – ist die Pro-Atom Offensive noch zu stoppen?

GA, 8.5.2024

Angesichts einer anhaltenden Offensive der Atombefürworter, an deren Spitze sich der französische Staatschef Macron setzt, haben wir einigen Kandidat:innen zusätzliche Fragen zu diesem brisanten Thema gestellt. Den Programmen der befragten Parteien ist dazu bisher von Befürwortung (der “friedlichen” Nutzung der Atomenergie) bis Ablehnung “unter ferner liefen” alles zu entnehmen.
Im Zuge des Ukraine – Krieges wird jedoch auch unter bisherigen Gegnern (SPD, GRÜNE) einer Atombewaffung Europas/Deutschlands, unabhängig von programmatischen Festlegungen, ein “eigener europäischer Atom-schutzschirm” diskutiert.

Unsere Fragen:
1)Wie stehen Sie/Ihre Partei zum Wiedereinstieg in die Nutzung der Atomenergie (inkl. SMR) und zur Förderung der Kernfusionsenergie?

 2)Was plant Ihre Partei gegen die Gefahr der weiteren Verbreitung von Atomwaffen bzw.         des Aufstiegs von weiteren Staaten (Iran, Saudi-Arabien, Türkei …) zur Atomwaffenmacht?

3) Wie bewerten Sie die nukleare Bewaffnung Frankreichs und Großbritanniens? 

4) Wie bewerten Sie die vom Französischen Ministerpräsidenten Macron eröffnete Debatte um den Bau europäischer Atombomben, den „europäischen nuklearen Schutzschirm“?

Die Antworten:

7.5.2024: BSW, Fabio De Masi
Wir sind gegen die Nutzung der Kernenergie als Hochrisikotechnologie – ua wg der Endlagerfrage. Aber auch der militärischen Nutzung.
Wir engagieren uns für ein Ende der nuklearen Teilhabe und für atomare (sowie konventionelle) Abrüstung (denn ohne Letztere werden Staaten mit geringerer konventioneller Stärke als die USA nicht nuklear abrüsten). 
Die Europäisierung der Atombombe lehnen wir ab, dazu habe ich mich hier geäußert.
https://www.gmx.at/magazine/politik/wahlen/europawahl/fabio-de-masi-putin-brandenburger-tor-39557042 (…)

10.5.2024 Klimaliste, Verena Hofmann
1) Die Klimaliste lehnt Atomkraft zur Energiegewinnung grundsätzlich ab. Die ungeklärte Endlagerfrage steht dem Prinzip der Generationengerechtigkeit entgegen und es bestehen aufgrund der bereits geschehenen Atomkatastrophen zu hohe Sicherheitsbedenken. Kernfusion befindet sich momentan und Schätzungen zufolge auch noch für lange Zeit in der Zukunft in keinem Status, der bedeutsam zur Energieversorgung beitragen kann. Deshalb betrachten wir die Kernfusion nicht als sinnvollen Beitrag zur Energiewende. Zusätzlich halte ich persönlich nichts von der Rückkehr zur Atomkraft in Deutschland, da dies mit hohen Kosten verbunden wäre. Das Geld dafür sollten wir lieber in den Ausbau der erneuerbaren Energien stecken.
2) Die Klimaliste fordert die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags der UNO und die Beendigung nuklearer Teilhabe Deutschlands. Bisher atomwaffenfreie Mitgliedsstaaten der EU sollen dies auch bleiben. Über das Parteiprogramm hinaus sollte die Wiener Nuklearvereinbarung wieder hergestellt werden, um das iranische Nuklearprogramm zu stoppen. Um die subjektive Notwendigkeit des Irans, Uran zu zivilen Zwecken anzureichern, zu verringern, sollte der Iran dabei unterstützt werden, auf anderen Wegen emissionsfreien Strom zu erzeugen. Deutschland und die EU könnten den Iran beim Aufbau von Photovoltaik Anlagen unterstützen und iranischen Wasserstoff, der durch Sonnenstrom produziert wird, importieren. So könnte auch Irans Abhängigkeit von Ölexporten reduziert werden, eine Win-Win Situation. Die EU sollte zudem bereit sein, mit dem Iran über Sicherheitsgarantien zu verhandeln, sodass Atomwaffen überflüssig wären.
3) Die Klimaliste strebt eine atomwaffenfreie EU an. Das schließt auch Frankreich ein.
Ich betrachte die nukleare Aufrüstung bzw. Bewaffnung überall kritisch – egal ob in Europa oder anderswo. Atomwaffen stellen eine enorme Bedrohung dar und würden Zivilist:innen und Landschaften betreffen, die nicht geschädigt werden müssten und sollten.
4) Die EU ist als Wirtschafts- und Friedensprojekt gestartet und sollte dies aus Sicht der Klimaliste auch bleiben bzw. wieder verstärkt in den Fokus rücken. Die Klimaliste strebt eine atomwaffenfreie EU an und lehnt auch den Aufbau eines europäischen Militärs sowie weitere Investitionen in Rüstung ab.

Aus meiner Sicht sind nukleare Waffen kein “Schutzschirm”. Mehr Waffen in der Welt, und insbesondere solche unpräzisen Massenvernichtungswaffen, machen die Welt insgesamt unsicherer und instabiler. Das gegenseitige Aufrüsten sollte gestoppt werden. Diplomatische Verhandlungen und Abkommen, gern auch durch das Wiedereinführen bereits geschlossener und derzeit ruhender Verträge (siehe oben), sollten den Fokus der Friedensbestrebungen darstellen. Sogar Russland sieht den Einsatz nuklearer Waffen lediglich als Reaktion auf massive Angriffe vor. Die Notwendigkeit eines “nuklearen Schutzschirms” – so es so etwas überhaupt gibt – kann also durchaus in Frage gestellt werden. (…)



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