Nahrungsangebot ermöglicht Zuzug von Wölfen

Die Ausbreitung des Wolfes sorgt bundesweit in vielen Gemeinden für viel Gesprächsstoff. Anlass sind oftmals in sozialen Medien kursierende Wolfsaufnahmen von privaten Wildkameras oder Berichte über Nutztierrisse, zudem Angaben über Wildtierrisse in der Nähe von Wohngebieten.

Die Ausbreitung des Wolfes sorgt bundesweit in vielen Gemeinden für viel Gesprächsstoff. Anlass sind oftmals in sozialen Medien kursierende Wolfsaufnahmen von privaten Wildkameras oder Berichte über Nutztierrisse, zudem Angaben über Wildtierrisse in der Nähe von Wohngebieten.

Auch dem Straßenverkehr fallen Wölfe immer häufiger zum Opfer, Beispiel NDR-Verkehrsmeldung vom 21.04.2023: „Vorsicht bitte in beiden Richtungen auf der A7 Hannover – Kassel zwischen der Raststätte Hannover-Wülferode und Hildesheim-Drispenstedt sind Wölfe auf der Fahrbahn!“

Nach europäischem Recht gehört der Wolf zu den streng geschützten Tierarten. In der DDR war der Wolf eine jagdbare Art, die ab 1984 ganzjährig zum Abschuss freigegeben wurde. Seit der Wiedervereinigung 1990 genießt der Wolf nach dem Bundesnaturschutzgesetz höchstmöglichen Schutz (Quelle Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf – DBBW).

Aus jagdlichen Kreisen werden zunehmend einfachere Regelungen zum Abschuss („Entnahmen“) von Wölfen gefordert. Neben Sachsen hat auch Niedersachsen den Wolf in das Jagdrecht übernommen, um Eingriffe grundsätzlich zu erleichtern, allerdings noch mit ganzjähriger Schonzeit.

Der Schutzstatus hat die Ansiedlung des Wolfes in Deutschland sicherlich gefördert, jedoch ist er nicht der einzige Grund für die Ausbreitung von Osteuropa in Richtung Westen.

Den Zuzug des Wolfes in ein zuvor Wolfs-freies Gebiet kann man jedoch nicht mit dem Jagdgewehr verhindern – eher sind die Gründe für die Ausbreitung auch in der Jagd zu sehen.

Voraussetzung für eine erfolgreiche und dauerhafte Besiedlung eines neuen Territoriums ist ausreichend Nahrung für Beutegreifer, also die Räuber-Beute-Beziehung: Die Beute reguliert den Beutegreifer, nicht umgekehrt. Einem großen Nahrungsangebot folgt eine Zunahme der Beutegreifer, denn sie können sich erfolgreich vermehren.

Wölfe ernähren sich zu über 90 % von Schalenwild, also Rehen, Hirschen, Damwild und Wildschweinen (Auskunft Bundesamt für Naturschutz), dazu von kleineren Wildtierarten. Statistisch gesehen ist der Verzehr von Nutztieren minimal.

Dass sich Wölfe nun beispielsweise im westlichen Niedersachsen ausbreiten, ist hier vornehmlich auf den hohen Reh- und Damwildbestand zurückzuführen, für den die Jagdbehörden durch Festlegung zu geringer Abschusszahlen verantwortlich sind, zudem fehlt ein konsequentes Fütterungsverbot.

Seit 2002 werden in Niedersachsen Landesjagdberichte erstellt. Die darin veröffentlichten Abschusszahlen haben sich in dieser Zeit nicht entscheidend verändert. Auffällig ist jedoch, dass auch das „sonstige Fallwild“, zu dem Risse durch Wölfe addiert werden müssten, seit 20 Jahren relativ konstant sind. Folglich fallen Rehrisse den Jägern nicht auf oder sie werden nicht gemeldet.

Wer Indizien für einen zu hohen Wildbestand sucht, sollte sich nicht mit Zäunen geschützte Anpflanzungen ansehen – man findet in der Regel stark verbissene junge Eichen und Buchen. Die Folge zu hoher Wildbestände ist also nicht nur der Zuzug von Wölfen, sondern auch ein enormer Aufwand bei der Umwandlung von Nadelholzwälder in zukunftsfähige Misch- oder Laubwälder, denn dies ist nur mit sehr teuren Zäunen möglich, weil die jungen Bäume sonst – vornehmlich von Rehen – verbissen werden. So lange der Schalenwildbestand in einer Region über die Jagd nicht hinreichend eingeschränkt wird, werden sich dort zunehmend Wölfe ansiedeln und zur Regulierung des Wildbestandes beitragen.

Wolfsschutz ist somit Waldschutz, und damit auch Klimaschutz, denn der ist nur mit gesunden Wäldern möglich.

Literaturempfehlung:
Lippitsch, P., Teubner, J., Teubner, J. & H. Ansorge (2021): Nahrungsanalysen von Wölfen (Canis lupus) im Land Brandenburg anhand von Losungsauswertungen. – Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg 30: 16-24.

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