In dieser Regierung können die Grünen nichts mehr erreichen.
Was hier – nun erneut bei dem Thema Sozialpolitik – läuft ist lediglich Greenwashing in schlechtester Variante. Die Grünen bestätigen damit formell, dass dies alles „zwar fürchterlich, aber leider, leider alternativlos ist“. Schon das ist die erste Falschaussage. NICHTS ist hier alternativlos.
An dieser Stelle sollten die Grünen die Regierung platzen lassen und aufzuzeigen, dass vor allem Scholz und die FDP eine Politik für Konzerne und Superreiche machen. Sie legen dar, dass sie das auf Kosten der Armen, vor allem aber der Kinder machen.
Die Kindergrundsicherung ist ein weiteres[1] Scheitern der Grünen Partei. Sie hätte der deutschen Politik einen neue Ausrichtung bringen können.
20 Cent am Tag!
Grotesk ist die hier verlinkte PM der Bundestagsfraktion der Grünen – an Beschönigung wirklich nicht mehr zu überbieten.
https://www.gruene-bundestag.de/presse/pressemitteilungen/die-neue-kindergrundsicherung-kommt
Zitat der PM:
„Seit heute Nacht steht endlich fest: der Einstieg zu einer Kindergrundsicherung ist geschafft.„
Der „Einstieg“ in das technische System der Zusammenfassung der Leistungen war nie umstritten. Das ist eigentlich das gute Recht der Betroffenen und die kriminelle Schlampigkeit der bisherigen Regierungen, dass aufgrund der Unkenntnis in dem Dschungel an unübersichtlichen – eigentlich zustehenden – Leistungen Millionen Kinder um Geld geprellt wurden, das ihnen eigentlich schon immer zustand!
DAFÜR waren von Lindner 2 Mrd. Euro vorgesehen.
Das heißt für die von den Grünen angestrebte und dringend benötigte Aufstockung der Leistungen für Kinder der armen Familien bleiben gerade mal 400 Mio. Euro. Nötig wären dazu laut Fachleuten 18 Mrd. Euro. 10 Mrd.[2] Euro haben die Grünen lange als „unverhandelbar“ ausgewiesen.
Zitat der PM:
„Bis zu 5,6 Millionen armutsbedrohte Familien und ihre Kinder werden durch die Kindergrundsicherung die Leistungen, die ihnen zustehen, schneller, einfacher und direkter bekommen.“
Sieht man davon ab, dass hier die Umsetzung gültiger, eigentlich selbstverständlich umzusetzender Rechtsansprüche als grandioser Erfolg verkauft wird, veröffentlichen diese Zeilen eine andere Aussage. Für 5,6 Millionen Familien gibt es also 400 Mio. Euro extra.
Das entspricht 71,42 Euro pro Jahr und Familie, nicht pro Kind. Und das für die „armutsbedrohte Familien und ihre Kinder“, also nicht für „alle“, so dass für die Ärmeren mehr bliebe.[3]
Ein Rechenbeispiel:
Jede Familie hat im Schnitt 1,5 Kinder. Ärmere Familien haben in der Regel mehr Kinder. Mit der Kindergrundsicherung bleiben pro Familie (nicht pro Kind) 20 Cent mehr am Tag.
- Für das preiswerteste Menü eines bekannten Frittenbräters (McSmart Menü Cheeseburger, 5,99 €) reicht es also einen Monat zu sparen.
- Für eine (!) Kinokarte muss die Familie fast zwei Monat sparen.
Bewertung des Ergebnisses
Bezeichnend und treffend war die Frage aus der Bundespressekonferenz an die Ministerin, ob sie als Gewerkschafterin bei einem Tarif-Angebot von 2% und einer Forderung von 12% dann 2,4% auch als Erfolg verkaufen würde.
Der Rücktritt der Ministerin Lisa Paus wäre eigentlich die richtige Antwort auf dieses krachende Scheitern, das vermutlich NICHT ihre Entscheidung war.
Karl-W. Koch, grünes Mitglied seit 1993, VG Ratsmitglied Daun, Atom-,
Friedens- und Verkehrspolitiker, Vorstand Grüne Alternative e.V. i.Gr.
Thomas Krings, Vorstand Grüne Alternative e.V. i.Gr.
Simon Lissner, Grüne Alternative e.V. i.Gr., Mitglied B90/Die Grünen
Anna Boertz, Grüne Alternative e.V. i.Gr., Mitglied B90/Die Grünen
Benjamin Kunz, Grüne Alternative e.V. i.Gr., Mitglied B90/Die Grünen
Dr. Johann Müller, Grüne Alternative e.V. i.Gr.
Heinz-Hermann Ingwersen, Grüne Alternative e.V. i.Gr.
Hintergründe:
Erschwerend kommt hinzu, dass laut Fachleuten, die 2,4 Mrd. vermutlich weitgehend in der nötigen Verwaltungsreform, der Schaffung neuer Ämter und neuer Stellen, die zu besetzen sind, zerfließen würde. Völlig unlogisch wird die Argumentation der Regierung, dass „am Anfang, d.h. in den ersten Jahren ab 2025, ja längst noch nicht alle, die Anspruch hätten, auch beantragen würden“. Genau DAS soll doch gerade mit dieser Reform korrigiert werden. Also entweder greift die Reform nur nach und nach, und viele mit Anspruch gehen vorerst weiter leer aus. Oder wir werden belogen und die Zahlen, mit denen uns jetzt die scheinbaren Erfolge vorgerechnet werden, stimmen hinten und vorne nicht. Fazit: Vermutlich reicht es also nicht einmal zu der Erhöhung um 20 ct pro Familie, das in Zeiten mit weiterhin über 6% Inflation.
Zudem hat Finanzminister Lindner schon vorgewarnt: „Der Kompromiss von heute – wohlgemerkt ohne Leistungsverbesserungen – ist die letzte größere Sozialreform, die noch in den Haushaltsrahmen der Bundesregierung passe.“
Lindner mit seinem Sekundanten Scholz hat sich gegen weite Teile der Koalitionspartner Grüne und SPD und gegen praktisch alle Sozialverbände und ehrenamtliche Organisationen durchgesetzt: Diese fordern sogar bis zu 20 Mrd. Euro für eine Kindergrundsicherung, die den Anforderungen eines Sozialstaates gerecht werden. Der Anspruch der Grünen und weiter Teile der SPD war, Kinder in armen Familien aus eben dieser Armutsfalle herauszuhelfen und ihnen die Lebensperspektiven zu geben, die sie verdienen. Unabhängig vom Einkommen der Eltern und eben auch unabhängig, entgegen dem was Lindner immer wieder wie eine Monstranz vor sich herträgt, vom Willen und der Fähigkeit der Eltern aktiv am Erwerbsleben teilzunehmen. Dass dieser Ansatz dabei völlig unberücksichtigt lässt, welche Sachzwänge dem entgegen stehen können (Alleinerziehende Mütter mit kränkelndem Kind, keine KiTa-Plätze, keine Arbeitsplätze in Teilzeit mit den nötigen Zeitfenster etc.) wird natürlich ebenfalls unterschlagen.
Dass nach wie vor von Lindner jede, auch noch so naheliegende und logische Steuererhöhung kategorisch abgelehnt wird, ist in Zeiten sinkender Staatseinnahmen und steigender Kosten nicht mehr hinnehmbar. Die FDP macht mittlerweile völlig klar erkennbar ausschließlich eine Klientelpolitik für Reiche, Besserverdienende und große Konzerne. DAS stand nie im Koalitionsvertrag, das war nie der Anspruch der Ampel, das stand nicht einmal im Kleingedruckten.
[1] Nach Heizungsgesetz, Tempolimit, Klimaschutz/Sektorenbewertung, Waffenexporte, u.a nach Saudi-Arabien, an ein Angriffskrieg-führendes Land, Laufzeitverlängerung AKW, LNG-Terminals und langfristige LNG-Kaufverträge, Wehretaterhöhung, europäisches Asylrecht …
[2] Jeweils 20 Mrd. – 2 Mrd. und 12 Mrd. – 2 Mrd.
[3] Wäre es für „alle Familien“, so stünden aufgrund der Umverteilung – weil ja die Reichen dann nichts bekämen – mehr Geld für die Armen zur Verfügung