Vorab: Wir begrüßen die Preisvergabe, finden sie nicht nur richtig, sondern notwendig und gratulieren Frau von der Tann ausdrücklich für ihre mutige und fachlich hervorragende, sehr ausgewogene, faire Berichterstattung. Sie ist ein Leuchtturm im deutschen Journalismus und den öffentlich-rechtlichen Medien, die manches Mal leider den gesetzten Ansprüchen nicht genügen! Sophie von der Tann ist eine tolle Reporterin, sie betrachtet immer unparteiisch alle Seiten und Aspekte eines Konfliktes. Sie hat unsere volle Solidarität verdient!
Frau von der Tann wurde mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Er gilt als einer der wichtigsten Journalistenpreise in Deutschland. Die Jury lobt die Israel-Korrespondentin von der Tann als unerschrockene Journalistin, die sich nach dem Hamas-Angriff auf Israel „nicht scheut, Dinge beim Namen zu nennen“. Dabei zeige sie Haltung und lasse sich nicht vereinnahmen.
Von pro-israelischer Seite gibt es scharfe Kritik, weil von der Tann angeblich nicht ausgewogen berichte. Unter anderem hatte der israelische Botschafter Ron Prosor von der Tann Aktivismus vorgeworfen. Der Reserve-Armeesprecher der israelischen Streitkräfte, Arye Shalicar, bezeichnete sie (laut FAZ) auf der Plattform X zudem als „das Gesicht vom neudeutschen Juden- und Israelhass“.
Die FAZ selbst fährt mit großem Aufmacher eine Kampagne gegen die Preisverleihung und findet, dass sie „stellvertretend für die verzerrte Berichterstattung über den Nahostkonflikt (steht), die uns ARD und ZDF bieten. (Und dass die) Sender … sich darauf sogar etwas ein(bilden)“. [Zitat Ende]. Frau von der Tann wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Die Jüdische Allgemeine rutscht im Niveau noch deutlich tiefer und reagiert wie folgt: „Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist“. Unter mehrfacher Verwendung von journalistisch unzulässigen Krücken wie „– ich konzentriere die Debatte in eigenen Worten …“ werden dann sprachliche Tiefschläge verteilt wie „… (dass) aktuelle und ehemalige Nahost-Korrespondenten unter tosendem Applaus bekannten, dass sie sich von der jüdischen Lobby nicht den Mund verbieten lassen“ oder dass laut von der Tann die „von Juden »orchestrierten Reaktionswellen in den »sozialen Medien«, … »deutlich brutaler« seien als der Botschafter“, wobei das „von Juden“ vom Verfasser „zum besseren Verständnis“ hinzugefügt wurde. Gleichzeitig wird von der Tann unterstellt, sie täte sich schwer, die Hamas als „von der EU als Terrororganisation eingestufte Gruppe“ zu bezeichnen.
„Hässliche Menschen« seien das“, schrieb der deutsch-israelische Reserve-Armeesprecher Arye Shalicar: ein „widerlicher antisemitischer Sumpf“, „krank“ sei der „Journalist des Stürmer, sorry Spiegel“ nach der schlichten Einordnung, dass Israels Angriff auf Iran im Juni 2025 völkerrechtswidrig war. [zitiert nach dem Spiegel]
Viel unterirdischer geht der Umgang von staatlichen Stellen eines demokratischen Landes mit Journalisten nicht mehr! Die Diffamierung von freien, unabhängigen, neutral berichtenden Journalisten von Medien, die völlig richtig und legal in einem Rechtssystem agieren. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, also wenn nachweislich falsch berichtet worden wäre, so wäre dies mit rechtsstaatlichen Mittel zu klären, nicht mit derartigen Hetzkampagnen, die erkennbar nur ein Ziel haben: Sophie von der Tann soll ihre Auszeichnung nicht erhalten, sie soll ganz von den Bildschirmen verschwinden und sie soll massiv beschädigt werden. Und so sollen alle weitere freien Journalisten eingeschüchtert und ihnen gezeigt werden: Legt euch nicht an mit uns, oder eurer Karriere endet!
Der Spiegel bringt die Kritik gut auf den Punkt: „Das Wort eines israelischen Botschafters in Deutschland hat Gewicht. Es zur bloßen Diffamierung einzelner Journalisten einzusetzen, ist beschämend – hat aber Methode: Sophie von der Tann steht in einer ganzen Reihe deutscher Journalisten, auch vom SPIEGEL, die in ähnlicher Tonlage vom Botschafter und vom Reserve-Armeesprecher attackiert wurden.“
Die Lage in Israel, Gaza, Palästina und den Nachbarländern ist höchst fragil und kann nicht nur jederzeit explodieren, sondern sogar zu einem großen Krieg mit weltweiten Folgen führen. Hierbei von Vertretern eines demokratischen Rechtsstaates gegen Journalisten eines anderen demokratischen Rechtsstaates derartige unterirdische, Angriffe zu fahren, ist schlicht unverantwortlich und nicht tolerierbar.
Karl-W. Koch, Mehren, kwkoch@gmx.de
Anna K. Boertz, Klemens Grieshop, Simon Lissner
