Olaf Ice, 30.1.2025
Wette verloren …, lieber Freund. Nun ist es passiert: „In einer Zeit, in der Putins Russland bestehende Abrüstungsinitiativen zerstört und mit seinen nuklearen Fähigkeiten droht, ist die nukleare Teilhabe im Rahmen der NATO eine essenzielle Säule unserer Sicherheit.“ Damit ist eine der letzten Grünen Essentiells zu den Akten gelegt: Die GRÜNEN sind für Nuklearwaffen. Ergebnis des Bundesparteitags im Januar zu Berlin, wo dieser denkwürdige Satz entgegen allen Grundsatzbeschlüssen, Eingang ins Wahlprogramm der Partei findet. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie die nukleare Aufrüstung Europas fordert. Was angesichts der Entwicklung dieser Partei nicht weiter wundern sollte. Weshalb diese Partei, noch einen Eiertanz um Atomkraftwerke aufführt? Ihr ist natürlich bekannt, dass ein enger Zusammenhang zwischen der nuklearen Bewaffnung einerseits und der zivilen Nutzung der Atomkraft andererseits, ein unentwirrbarer Zusammenhang besteht.Die Erklärung dürfte darin zu sehen sein, dass sie noch nicht zu Hundertprozent auf allen Gebieten in „Neusprech“ geübt ist. Wird schon … Selbst wenn Siemens – Chef Joe Kaeser der Meinung ist, „es (gäbe) kein Atomkraftwerk auf der Welt, dass sich rechnen würde“(Erkenntnis, verkündet im Dezember 2024) – Die Grünen werden ihn eines Besseren belehren. Und sei es aus militärisch-strategischen Gründen.
In der Grünen Partei scheint unterdessen der Mitgliederaustausch ins konservativ-reaktionäre Lager weitgehend abgeschlossen, das Fähnlein der Aufrechten wird unaufhaltsam kleiner. Mit Klaus Mönninghoff verlieren die Grünen erneut ein Mitglied der „ersten Stunde“. 41 Jahre Mitglied der Grünen, aber im Januar 2025, nach dem Berliner Jubelparteitag, ausgetreten. 1986-1989 Landtagsabgeordneter von B90/die Grünen, 1989 – 2013 Umwelt und Wirtschaftsdezernent der Stadt Hannover.
Mönnighoff zu seinem Austritt in seiner Erklärung: „Mein Fazit: Die 800 Delegierten sind die repräsentativen Vertreter*innen der Basis der Grünen-Partei. Wenn 97 % von ihnen nicht bereit sind, das Thema Friedenspolitik in der Wahlprogramm-LDK überhaupt zu diskutieren und ihnen ein geschlossenes Erscheinungsbild nach außen wichtiger ist, statt in einem demokratischen Diskurs eine Meinungsbildung zu machen, dann ist das nicht mehr meine Partei und ich werde heute austreten. Mit meinen 74 Jahren ist mir meine verbleibende Lebenszeit zu schade, mich weiter in meinem Kreisverband (der uns gestern auch völlig im Stich gelassen hat) und der Bundespartei zu engagieren.“
Er betont, dass sein Entschluss zum Austritt aus der Partei keine spontane Entscheidung ist, sondern über einen längeren Zeitraum reifte. Unverständlich bleibt allerdings, weshalb Mönnighoff meint, die Klima- und Energiepolitik sei bei den Grünen besser aufgehoben als bei der Partei „Die Linke“, bei der er hingegen die Friedens- und Sozialpolitik besser aufgehoben sieht. Dies, zumal er hervorhebt, wie unsolidarisch die Grünen sich gegenüber den Aktivist:innen der Letzten Generation (und anderer Bewegungen[1]) verhalten haben. Mönninghoff selbst führt lokale Ereignisse an, die auch auf diesem ehemaligen Urgrund grüner Politik die Kehrtwende dieser Partei beschreiben. Der Grund? „Trennungsschmerz“ vielleicht.
Man mag der LINKEN vorwerfen, diesen Fragen nicht genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Aber unsolidarisch gegen Bewegungen, ob Klima oder Menschenrecht? Immerhin hat die LINKE eine dezidierte Klima- und Menschenrechtsaktivistin zur Spitzenkandidatin (Europawahlkampf 2024) gemacht.
Der in Mönnighoffs Rede enthaltene Appell verhallte in dieser Partei ungehört: „Die Ächtung und Abschaffung aller Atomwaffen muss unser Ziel bleiben. Deshalb lehnen wir das Aufstellen der Mittelstreckenraketen ab und fordern, dass Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt und damit die „Nukleare Teilhabe“ beendet.“
Nachtrag 1:
Nach dem Merz’schen Schulterschluss mit einer in Teilen faschistischen Partei und einem BSW der sich vornehm bei der Abstimmung zurückhielt und die Steigbügelhalterin für einen durch und durch menschenfeindlichen Beschluss machte, verbreitet sich hartnäckig: Die Linke kommt über die 5% zumal selbst CDU/CSU Anhänger:innen dazu tendieren, „Die Linke“ zu wählen – aus reiner Notwehr versteht sich. Dass SPD und Grüne in dieser Frage ebenfalls freundlich ausgedrückt, eher „instabil“ und zu Kompromissen auf Kosten Notleidender bereit sind, ist kein Geheimnis. Die GRÜNEN und die Sozialdemokraten beklagen den Verrat des Merz an der Demokratie – unproblematischer hingegen scheinen die durch und durch menschenfeindlichen Züge der Asylpolitik. Die Vorstellung man könnte sich der CDU/CSU an die Brust schmeißen, zerschellt am harten Rechtskurs dieser Partei. Dass ist denen das eigentliche Problem – Koalition mit einer solchen Politik? Das lässt sich nicht gegen die eigene Wählerschaft durchsetzen, oder doch?
Nachtrag 2:
Deutscher Bundestag. 11. Wahlperiode 88. Sitzung Freitag 24.6. 1988. Vizepräsident Stücklen erteilt Frau Olms, GRÜNE, das Wort:
Herr Präsident. Meine Damen und Herren, ausgrenzen, abgrenzen und abschieben, das sind die bekannt gewordenen Grundsätze des neuen Ausländerrechts aus dem Hause Zimmermann. Für Flüchtlinge ist bis heute bereits das Grundrecht auf Asyl zu einem reinen Gnadenakt verkommen. Künftig soll Flüchtlingen auch dann der Aufenthalt in der BRD untersagt werden. Jetzt zitiere ich aus der Begründung des Papiers, das eigentlich kein Papier ist, wenn ihre Menschenrechte nicht in völligem Umfang gewährleistet sind, das heißt in allen Ländern, wo dieser Standard nicht gehalten wird, wird mit dieser Begründung, jegliches Asyl und Zufluchtsgrund geleugnet. Für Menschen, die vor Verfolgung, Hunger und Krieg fliehen, steht ein ganzer Abschreckungskatalog bereit, um ihnen den Zugang in die BRD zu versperren: Pass und Visazwang für Kinder erweiterte Zurückweisungsmöglichkeiten an den Grenzen bei nicht ausreichenden Finanzmitteln, Einbeziehung von Fluggesellschaften als Hilfspolizisten, um nur einiges aus diesem Papier, das kein Papier ist, zu benennen.
Gelingt es einem Flüchtling dennoch, in die Bundesrepublik zu kommen, so kann so der Plan, eine Aufenthaltsgestattung auf ein Jahr befristet ausgestellt werden. Diese soll nur verlängert werden, wenn Gefahr für Leib und Leben im Heimatland besteht. Ob dies der Fall ist, entscheidet persönlich Innenminister Zimmermann. Die Süddeutsche Zeitung kennzeichnet heute dem Zimmermann Entwurf als Entwurf zur Hofierung von rechtsradikalen Gruppen als Entwurf für den Stammtisch, als Entwurf mit einem Phantombild des Ausländers, als Feind der Deutschen. Wir brauchen weder ein neues Ausländergesetz noch die alte Praxis, sondern ein Gesetz wie etwa die preußische Ausländerpolizeiverordnung vom 27. April 1932, deren §1 lautet, jeder Ausländer ist zum Aufenthalt im preußischen Staatsgebiet zugelassen. Solange er die in diesem Gebiet geltenden Gesetze und Verwaltungsvorschriften befolgt.
Ellen Olms, Frauenaktivistin, Alternative Liste Berlin, zwischen 1985 und 1986 Vorstandsmitglied der Partei, Bezirksverordnete (Berlin Tiergarten), Abgeordnete von 1987 bis 1989, wo sie im Sinne der Rotation aus dem Bundestag ausschied.
Eine solche Rede eines/einer Grünen im deutschen Bundestag ist heute, kaum auch nur annähernd vorstellbar. Viel zu „linksradikal“ … Und vergleiche – was fordern die Grünen heute? Da könnte der Reaktionär Zimmermann (CSU) durchaus in die Lehre gehen …
[1] Anm. OI: Erinnert sei an das schändliche und empörende Verhalten der Hessen-Grünen gegenüber den Gegner:innen des Baus der A49, Garzweiler und andere u.a.).
Mönnighoff, Rede Bundesparteitag Grüne, Berlin Januar 2025
Mönninghoff, Bericht und Austrittserklärung, Januar 2025